Wie bereits Ende 2010 ausführlich berichtet wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG 2011) eine neue Vermögenszuwachsbesteuerung für Kapitalanlagen (Wertpapier-KESt neu) eingeführt.
Nach der vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen (siehe unten) geltenden bisherigen Rechtslage sind Veräußerungsgewinne aus Kapitalanlagen im Privatbereich bekanntlich innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist als Spekulationsgewinne voll steuerpflichtig (bis zu 50 %
Einkommensteuer), danach aber zur Gänze steuerfrei.
Im Rahmen der neuen Vermögenszuwachsbesteuerung werden alle Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalanlagen (zB Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, GmbH-Anteilen, Anleihen) und Derivaten (zB Differenzausgleich, Stillhalterprämie bei Optionen, Veräußerungsgewinne aus Derivaten) generell und unabhängig von Behaltefristen mit 25 % KESt besteuert. Die neue Steuer wird – wenn die Kapitalanlagen im Depot bei einer österreichischen Bank liegen – analog zur KESt auf Zinsen von den Banken eingehoben und an den Fiskus abgeführt. Befinden sich die Kapitalanlagen nicht bei einer österreichischen Bank im Depot, muss der Anleger selbst die Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung deklarieren und werden diese dann bei der Steuerveranlagung mit 25 % besteuert.
Die neuen Besteuerungsgrundsätze gelten sowohl für Kapitalanlagen im Privatvermögen natürlicher Personen (mit einigen Besonderheiten auch für Kapitalanlagen im Betriebsvermögen) als auch – mit bestimmten Ausnahmen – für außerbetriebliche Kapitalanlagen von Körperschaften (zB Vereine, Körperschaften öffentlichen Rechts) und für Privatstiftungen. Zur Gänze ausgenommen von den neuen Bestimmungen sind alle Körperschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform buchführungspflichtig sind (GmbH, AG, Genossenschaften udgl), da bei diesen alle Veräußerungsgewinne als betriebliche Einkünfte schon nach geltender Rechtslage der 25%igen Körperschaftsteuer unterliegen.
Nach den Bestimmungen des BBG 2011 sollte die neue Wertpapierzuwachssteuer mit 01.10.2011 in Kraft treten. Aufgrund einer gemeinsamen Beschwerde zahlreicher österreichischer Banken hat der Verfassungsgerichtshof das Inkrafttreten aber mit Entscheidung vom 16.06.2011, G 18/11, als zu kurzfristig aufgehoben. Als Reaktion hat der Gesetzgeber mit dem AbgÄG 2011 das Inkrafttreten nunmehr um 6 Monate auf den 01.04.2012 verschoben. Die von der neuen Wertpapierbesteuerung betroffenen Banken müssen daher die 25%ige KESt auf realisierte Wertsteigerungen von Kapitalanlagen und Derivaten erst für Verkäufe ab 01.04.2012 einheben.
- Betroffene Wertpapiere
Die neue Steuerpflicht für realisierte Wertsteigerungen gilt nur für neu angeschaffte Kapitalanlagen (so genannter „Bestandsschutz“), und zwar bei Anteilen an Kapitalgesellschaften (insbesondere Aktien und GmbH-Anteile) und Investmentfonds für Anschaffungen nach dem 31.12.2010 und bei allen anderen Kapitalanlagen (insbesondere Anleihen und Derivate) für Anschaffungen nach dem 31.03.2012. Mit anderen Worten: Alle bis 31.12.2010 noch erworbenen Aktien und Investmentfonds können nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist weiterhin steuerfrei veräußert werden! Auf Grund einer Sonderregelung können aber alle anderen Kapitalanlagen (insbesondere Anleihen und Derivate) nur dann nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei veräußert werden, wenn sie bis zum 30.09.2011 erworben wurden (zur Sonderregelung für Anschaffungen zwischen 01.10.2011 und 31.03.2012 – siehe unten). - Verlängerung der Spekulationsfrist
Damit es durch die Verschiebung des Inkrafttretenszeitpunktes auf den 01.04.2012 zu keiner Besteuerungslücke kommt, wird durch eine Verlängerung der Spekulationsfrist bis 31.03.2012durch das AbgÄG 2011 sicher gestellt, dass bei allen ab 01.01.2011 erworbenen Kapitalanteilen (insbesondere Aktien und GmbH-Anteilen) und Investmentfondsanteilen auch bei einer Veräußerung vor dem 01.04.2012 die Gewinne jedenfalls noch nach bisheriger Rechtslage mit bis zu 50 % Einkommensteuer als Spekulationsgewinne besteuert werden. Eine zB im Jänner 2011 erworbene Aktie unterliegt daher auch noch der Spekulationsbesteuerung, wenn sie erst im März 2012 (also nach
14 Monaten) mit Gewinn veräußert wird. Weiters gilt bei allen anderen nach dem 30.09.2011 und vor dem 01.04.2012 entgeltlich erworbenen Kapitalanlagen (insbesondere Anleihen, Derivate) jede Veräußerung oder sonstige Abwicklung (zB Glattstellung, Differenzausgleich) als steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft (Einkommensteuer bis 50%). Alle Veräußerungen von Kapitalanlagen nach dem 31.03.2012 unterliegen dann aber jedenfalls schon der neuen Wertpapiergewinnsteuer von 25%.Wer als steuerehrlicher Anleger daher zB bei einer ab 01.01.2011 erworbenen Aktie (= Neuanlage) seinen Gewinn steuergünstig lukrieren will, sollte bis 01.04.2012 warten, da der Kursgewinn dann nur mehr mit 25 % und nicht mit bis zu 50 % besteuert wird.
- Besonderheiten im betrieblichen Bereich
Die neue Vermögenszuwachsbesteuerung gilt – wie die Endbesteuerung der Zinsen – grundsätzlich auch im betrieblichen Bereich von einkommensteuerpflichtigen Unternehmern. Dabei sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen, die zum Teil durch das AbgÄG 2011 klargestellt wurden:– Anschaffungsnebenkosten sind – anders als im Privatbereich – bei der Ermittlung des steuerlich relevanten Veräußerungsgewinnes oder –verlustes zu berücksichtigen.
– Verluste aus Teilwertabschreibungen oder aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (inklusive Beteiligungen an Kapitalgesellschaften) können – im Hinblick auf die Steuerpflicht der Gewinne mit nur 25 % – zwar nur zur Hälfte abgesetzt werden, dafür aber nach Ausgleich mit den betrieblichen Gewinnen auch mit sämtlichen anderen Einkünften ausgeglichen werden.
– Ein insgesamt danach verbleibender Verlust kann in Folgeperioden vorgetragen und ebenfalls mit allen anderen Einkünften aus Folgeperioden ausgeglichen werden.