Pflegeurlaub & Pflegefreistellung
Was ist zu beachten?
Möchte ein/e Mitarbeiter/in „Pflegeurlaub“ wegen der Erkrankung eines Angehörigen (das Urlaubsgesetz spricht von Pflegefreistellung), muss sich jeder Dienstgeber mit einer Reihe von Fragen auseinandersetzen. Dabei spielt nicht nur das Verwandtschaftsverhältnis zwischen MitarbeiterIn und erkranktem Angehörigen eine Rolle. Auch die „Notwendigkeit“ der Pflege muss vom Arbeitgeber beurteilt werden. Folgende Grundsätze sind zu beachten:
Anspruch auf Pflegefreistellung in zwei Fällen
Anspruch besteht einerseits im Zusammenhang mit der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden, erkrankten nahen Angehörigen (1). Andererseits im Zusammenhang mit der notwendigen Betreuung des Kindes, weil jene Person, die das Kind ansonsten ständig betreut hat, ausfällt (2).
Für wen ist Pflegefreistellung zu gewähren?
Es geht um erkrankte nahe Angehörige, die im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitnehmer leben. Nahe Angehörige sind der Ehepartner, die Eltern, Großeltern, Kinder und Enkel, weiters Wahl- und Pflegekinder sowie jene Person, mit welcher der Arbeitnehmer in Lebensgemeinschaft lebt.
Wann ist die Pflege bzw. Betreuung „notwendig“?
Die Notwendigkeit liegt dann vor, wenn der Angehörige pflegebedürftig ist und die Pflege gerade durch den betreffenden Arbeitnehmer erfolgen muss. Dieser muss – bevor er Pflegefreistellung in Anspruch nimmt – alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, um seine Arbeitsverhinderung wegen Pflege hintanzuhalten.
Beispiel: Der fiebrige Infekt der Tochter erfordert nicht zwingend die ständige Anwesenheit der Mutter – diese Rolle können möglicherweise Verwandte oder Bekannte übernehmen. Eine Verpflichtung zur entgeltlichen Bereitstellung einer Pflege oder Betreuungsperson besteht für den Arbeitnehmer allerdings nicht.
Zur Notwendigkeit der Betreuung: Natürlich spielt das Alter des Kindes eine wesentliche Rolle – die Notwendigkeit ist aber in jedem Einzelfall zu hinterfragen. Beispiel: Das Zur-Schule-Bringen eines 8-jährigen Kindes mit dem Auto bei Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen fällt nicht unter den notwendigen Betreuungsaufwand, so dass auch keine Pflegefreistellung beansprucht werden kann.
Wer soll pflegen – kein Wahlrecht des Arbeitgebers
Entscheidend ist die konkrete familiäre Situation. Sind geeignete andere, nicht berufstätige Familienangehörige vorhanden, gilt der Grundsatz, dass der nicht berufstätige Angehörige einspringen muss. Kommen nur berufstätige nahe Angehörige für die Pflege in Frage, besteht unter ihnen ein Wahlrecht. Sind etwa beide Elternteile berufstätig, kann nicht der Arbeitgeber bestimmen, wer beim kranken Kind zu bleiben hat. Die Entscheidung liegt bei den Eltern.
Wie lange ist Pflegefreistellung zu gewähren?
Grundsätzlich ist die Pflegefreistellung mit einer Woche pro Arbeitsjahr beschränkt. Ausnahmen – eine zweite Woche – bestehen nur für den Fall der Pflege eines erkrankten Kindes, welches das 12. Lebensjahr nicht überschritten hat. Die Pflegefreistellung kann nicht nur tageweise, sondern – je nach Bedarf – auch stundenweise in Anspruch genommen werden.
Bestätigung der Pflegebedürftigkeit
Natürlich ist es in erster Linie eine Frage der ärztlichen Einschätzung, wann jemand so erkrankt ist, dass er pflegebedürftig ist. Wichtig: Wenn der Arbeitgeber nur die ärztliche Bestätigung als Nachweis akzeptiert, muss er die daraus resultierenden Kosten selbst tragen. Abgewendet werden kann eine solche Kostenersatzpflicht nur durch eine ausdrückliche Regelung im Dienstvertrag.
Quelle: Vorsprung, WKOÖ 01/09