VfGH zur Gutachterbestellung um Strafprozess

Der VfGH hat die Wortfolge „Sachverständigen oder“ des § 126 Abs 4 StPO (Strafprozessordnung) in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung als dem „Prinzip der Waffengleichheit“ widersprechend und verfassungswidrig aufgehoben. Nach dieser Wortfolge war dem Angeklagten nämlich von vornherein und ausnahmslos nicht möglich, Einwände gegen die gerichtliche Bestellung eines Sachverständigen im Hauptverfahren darauf zu stützen, dass er bereits im Ermittlungsverfahren für die Staatsanwaltschaft tätig war.

Diese verfassungswidrige Wortfolge ist auf alle beim OGH anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden. Der OGH hat demnach allfällige Sachverständigenbestellungen vor dem Hintergrund dieser VfGH-Entscheidung zu beurteilen. Zu beachten ist, dass die Aufhebung der Wortfolge im § 126 Abs 4 StPO nicht ausschließt, dass sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im gerichtlichen Hauptverfahren derselbe Gutachter bestellt wird. Das Gericht hat allerdings jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, ob gegen den im Ermittlungsverfahren eingesetzten Sachverständigen Bedenken hinsichtlich seiner Unbefangenheit bestehen. Ist dies der Fall, so hat das Gericht im Hauptverfahren einen anderen (unbefangenen) Sachverständigen zu bestellen.

Die aufgehobene Wortfolge in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung des § 126 Abs 4 StPO findet sich wortgleich in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung des § 126 Abs 4 StPO idF des StrafprozessrechtsänderungsG 2014. Es wird wohl am Gesetzgeber liegen, die Verfassungskonformität des ab 1.1.2015 geltenden § 126 Abs 4 StPO durch Aufhebung dieser Wortfolge herzustellen. Eine nochmalige Befassung des VfGH mit der geltenden Fassung des § 126 Abs 4 StPO sollte entbehrlich sein.